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Pressemitteilung 17/20 - 18.02.2020

Neue Einblicke in den Ursprung des Lebens

Studie der Universit?ten Augsburg und München liefert eine m?gliche Antwort auf die Frage, wie sich die ersten Protozellen teilten

Augsburg/MH – Vor mehr als vier Milliarden Jahren entstanden in den Urozeanen der Erde die Vorl?ufer erster Zellen. Eine Studie der Universit?ten Augsburg und München schl?gt nun einen Mechanismus vor, wie diese sich geteilt haben k?nnten. Dieser Prozess markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Entstehung des Lebens. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Scientific Reports erschienen.

K?nnten wir uns vier Milliarden Jahre in die Vergangenheit beamen, würden wir uns in einer ziemlich unwirtlichen Umgebung wiederfinden: eine Atmosph?re, in der wir ohne Atemmaske nach ein paar Minuten erstickten, denn Sauerstoff gab es damals nur in geringen Mengen; ?de Landfl?chen ohne Pflanzen oder Tiere; dazu ein ebenso lebloser Ozean. Immerhin enthielt der aber wohl verschiedene gel?ste Moleküle. Aus diesen müssen sich immer komplexere Verbindungen gebildet haben, bis Hunderte von Millionen Jahren sp?ter schlie?lich die ersten Mikroorganismen entstanden. So stellen sich zumindest die meisten Wissenschaftler den Ursprung des Lebens vor.

Vor der biologischen gab es also eine chemische Evolution, bei der die einfachen Ausgangssubstanzen der ?Ursuppe“ zu komplizierteren Molekülen reagierten. Dazu brauchte es jedoch auch passende ?Gef??e“, in denen diese Reaktionen stattfinden konnten. Diese Rolle k?nnten kleine, von einer fett?hnlichen Haut umgebene und mit Flüssigkeit gefüllte Kügelchen übernommen haben – die so genannten Lipid-Vesikel.

?Wir wissen heute, dass sich derartige Vesikel an der Oberfl?che hei?er vulkanischer Gesteine am Meeresgrund durchaus h?tten bilden k?nnen“, erkl?rt Dr. Christoph Westerhausen, Leiter der Arbeitsgruppe Biophysik an der Universit?t Augsburg. Die Bl?schen tendieren dazu, weitere Lipidmoleküle aus ihrer Umgebung in die sie umgebene Haut einzubauen. Sie werden also immer gr??er und verlieren gleichzeitig an Stabilit?t. ?Sie müssen sich daher irgendwann teilen, ohne zu platzen“, betont Westerhausen. ?Auf welche Weise das geschehen kann, war aber bislang nicht gekl?rt.“

Zusammen mit der Gruppe um Prof. Dr. Dieter Braun von der Ludwig-Maximilians-Universit?t München haben die Augsburger Forscher nun einen m?glichen Mechanismus dafür vorgeschlagen. Eine Schlüsselrolle spielen hierbei wieder vulkanische Gesteine am Meeresgrund. Diese kühlten sich au?en beim Kontakt mit dem Urozean ab; in ihrem Inneren aber bleiben? sie hei?.

Vulkangestein ist in der Regel von kleinen Kan?len durchzogen, in denen Wasser zirkulieren kann. Dieses durchl?uft bei seiner Str?mung verschiedene Temperaturzonen. ?Und dieser Effekt kann unter bestimmten Bedingungen dazu führen, dass sich im Wasser enthaltene Vesikel teilen“, sagt Westerhausen.

Temperaturunterschiede zerrei?en die Protozellen kontrolliert

Ursache dafür ist das Verhalten der Lipidhülle, die je nach Temperatur unterschiedliche Zust?nde einnimmt: Bei niedrigen Temperaturen ist das hauchdünne H?utchen gelartig. Seine Bausteine, die Lipide, liegen dicht gepackt nebeneinander. Wenn die Temperatur einen bestimmten Wert überschreitet, ?ndert die Hülle aber schlagartig ihren Zustand – Experten sprechen auch von einem Phasenübergang: Die Lipide sind nun pl?tzlich viel beweglicher, ben?tigen aber auch deutlich mehr Platz. Das Volumen des Vesikels ?ndert sich derweil aber nicht.

?Ein kühles Vesikel ist in der Regel kugelf?rmig“, erkl?rt Christoph Westerhausen. ?In dieser Form kann es mit seiner geringen Oberfl?che am meisten Inhalt speichern.“ Beim Phasenübergang würde die nun pl?tzlich viel gr??ere Lipidhaut aber gewisserma?en Falten werfen. Um das zu verhindern, nimmt sie eine neue Gleichgewichtsform an, bei der das Vesikel in eine langgestreckte Hantelform übergeht: Es besteht nun aus mehreren bauchigen Aussackungen vergleichbarer Gr??e, die jeweils durch einen dünnen Lipid-Kanal verbunden sind.

Wenn der vordere Teil dieser Hantel nun wieder in eine kühlere Umgebung ger?t, wird er schlagartig wieder gelartig. Dabei schnurrt die vordere Aussackung zusammen, und ihr Inhalt muss durch den Lipid-Kanal in die zweite Aussackung gedrückt werden, die sich noch im warmen Wasser befindet. Durch die so entstehende Spannung der Lipidhülle kann der Lipid-Kanal abrei?en. Die dabei entstehenden L?cher im Vesikel verschlie?en sich direkt wieder: Das Vesikel hat sich geteilt. ?Als experimentellen Nachbau der dünnen Gesteinsporen verwendeten wir im Labor sehr feine Glasr?hrchen, deren Temperatur an einer bestimmten Stelle erh?ht ist“, sagt Westerhausen. ?Durch diese R?hrchen haben wir Vesikel str?men lassen , und mit einem Spezialmikroskop betrachtet. Tats?chlich konnten wir beobachten, dass sich die hantelf?rmigen Vesikel genau am Punkt der Temperatur?nderung teilten.“

Das Charmante an dem Augsburg-Münchner Vorschlag ist, dass er keine unrealistischen Bedingungen voraussetzt: Noch heute finden sich am Grunde der Weltmeere vulkanische Gesteine, die in ihrem Innern einen Temperaturgradienten aufweisen. Vielleicht waren sie einst die treibenden Kr?fte hinter der Entstehung des Lebens, denen auch wir unsere Existenz verdanken.

Originalpublikation:

Patrick W. Kudella, Katharina Prei?inger, Matthias Morasch, Christina F. Dirscherl, Dieter Braun, Achim Wixforth & Christoph Westerhausen: Fission of Lipid-Vesicles by Membrane phase transitions in thermal convection; Scientific Reports; DOI: https://doi.org/10.1038/s41598-019-55110-0

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In einem Zyklus von Wachstum und Teilung k?nnten mit der Zeit immer mehr Vesikel entstanden sein, die jeweils unterschiedliche Moleküle enthielten. Sie erm?glichten vermutlich die zahllosen Zufalls-Experimente, die letztlich zur chemischen Evolution und schlie?lich zur Bildung der ersten lebenden Zellen führten. Für die Teilung müssen die Vesikel einen Temperaturgradienten durch-flie?en. Im ersten Schritt nimmt dabei die Vesikeloberfl?che stark zu, was zu einer Deformation und Unterteilung (untere Abbildung, roter Bereich) als neuem Gleichgewichtszustand führt. Im zweiten Schritt zieht sich der vorderste Abschnitt beim schlagartigen Abkühlen zusammen, was aufgrund der nahezu kugelf?rmigen Gestalt nur schwer m?glich ist. Die Spannung der Lipidmemb-ran führt schlie?lich zur Teilung. ? Universit?t Augsburg

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Professor für Physiologie
Physiologie
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