INspiRE Jean-Monnet-Centre of Excellence - Rechtsprechungskomplexe: Magic Mountain Kletterhallen-Rechtsprechung
Magic Mountain Kletterhallen-Rechtsprechung
Im vorliegenden Fall hatte das BVerwG zu entscheiden, ob im Rahmen der Prüfung des Durchführungsverbots gem. Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV der Er?ffnungsbeschluss der Kommission für das mitgliedstaatliche Gericht Bindungswirkung entfaltet, sodass letzteres nur zu einer eingeschr?nkten Sach- und Rechtsprüfung verpflichtet w?re.
Streitgegenstand war die F?rderung für eine Kletterhalle des Deutschen Alpen Vereins (DAV), welche der Kl?ger, ein konkurrierender Marktteilnehmer, als wettbewerbsverzerrend und unionsrechtswidrig ansah. Gem?? Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV darf ein Mitgliedstaat eine Beihilfe nicht durchführen, bevor die Europ?ische Kommission einen Beschluss über ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt erlassen hat. Daher reichte der Kl?ger sowohl eine nationale Unterlassungs- und sp?tere Nichtigkeitsklage vor dem VG Berlin, als auch eine Beschwerde bei der Kommission ein. Auf diese Beschwerde folgte der Beschluss der Kommission vom 5.12.2012, welcher die Vereinbarkeit der Ma?nahmen mit Unionsrecht feststellte. Eine durch den Konkurrenten initiierte Nichtigkeitsklage vor dem EuG gegen den Kommissionsbeschluss wurde mit Urteil vom 9.6.2016 abgewiesen (T-162/13, EU:T:2016:341).
Im parallel geführten deutschen Verfahren befand das mit der gegen das erstinstanzliche Urteil gerichteten Beschwerde befasste OVG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 18.2.2015, 6 B 24.14), dass die F?rderma?nahmen gegen das Durchführungsverbot nach Art. 108 Absatz 3 Satz 3 AEUV verstie?en und daher bis zum positiven Beschluss der Kommission rechtswidrig gewesen seien. Das OVG erkannte den Beschluss der Kommission, aufgrund des grunds?tzlichen Rechtm??igkeitsvermutung zugunsten Rechtsakte der Europ?ischen Union und mangels Zweifel über den Beihilfecharakter der Ma?nahmen als rechtsverbindlich an. Das OVG Berlin-Brandenburg ging davon aus, dass das nationale Gericht den Beihilfecharakter der Ma?nahme nicht mehr zu prüfen habe, sondern diesbezüglich die Feststellungen der Kommission bindend seien. Nur bei sich aufdr?ngenden Zweifeln sei eine weitere Prüfung erforderlich.
Das BVerwG (Urt. v. 26.10.2016, 10 C 3.15) entschied anschlie?end, dass das Berufungsgericht gegen seine Pflichten zu einer eingehenden Sach- und Rechtsprüfung versto?en habe. Die Kommission prüfe zwar die Vereinbarkeit der Ma?nahme mit dem Binnenmarkt, die Prüfung des Beihilfecharakters erfolge aber nur vorl?ufig gem. Art. 4 VerfVO und ergehe nicht in einem abschlie?enden f?rmlichen Verfahren. Zum Zusammenspiel zwischen Kommission und nationalen Gerichten führte das BVerwG aus: ?W?hrend für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfema?nahmen mit dem Binnenmarkt ausschlie?lich die Kommission zust?ndig ist, die dabei der Kontrolle der Unionsgerichte unterliegt, schützen die nationalen Gerichte die Rechte der Einzelnen gegen eine m?gliche Verletzung des Durchführungsverbots durch die mitgliedstaatlichen Stellen bis zu einer abschlie?enden Entscheidung der Kommission“ (Rn. 20). Das nationale Gericht müsse seine Entscheidung über den Beihilfecharakter der Ma?nahme im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV im vorliegenden Verfahren also auf Grundlage einer eigenen abschlie?enden Prüfung treffen.
Das BVerwG begründete seine Auffassung zudem mit den eingeschr?nkten Erkenntnismitteln, die der Kommission zur Verfügung stehen. Au?erdem sei die Prüfung der Kommission im Rahmen der Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Art. 4 VerfVO ohne Anh?rung des Zuwendungsempf?ngers erfolgt, was dessen Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz einschr?nken und somit einen Versto? gegen Art. 19 Abs. 4 GG darstellen würde.
Eine Bindung des nationalen Gerichts an die Kommissionsentscheidung folge auch nicht aus dem Grundsatz der Vermutung der Rechtm??igkeit von Unionsakten, da dieser nur die Rechtsbest?ndigkeit von Unionsaktenbetreffen, gleichwohl – schon aus Gründen der Gewaltenteilung – nicht dazu führen k?nne, dass die zur Kontrolle berufenen Gerichte, an die Rechtsauslegung der zu kontrollierenden Unionsorgane gebunden sind. Auch die Loyalit?tspflicht (Art. 4 III EUV) begründe keine Bindung an die Kommissionsentscheidung: Nationale Gerichte k?nnen die Kommission, bei Zweifeln an deren Beurteilung, um Stellungahme ersuchen oder die Sache dem Europ?ischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen. Daraus schlie?t das BVerwG, dass die nationalen Gerichte weiterhin zu einer eigenst?ndigen, vollumf?nglichen Prüfung des Beihilfecharakters der streitigen Ma?nahmen verpflichtet sind und diese auch nicht dem Gebot der loyalen Zusammenarbeit entgegensteht.
Zusammenfassend vertrat das BVerwG die Auffassung, dass das OVG seine Prüfung zu Unrecht auf eine Plausibilit?tskontrolle der Entscheidung der Kommission beschr?nkt habe. Insbesondere sei das OVG nicht an die Entscheidung der Kommission gebunden gewesen und h?tte eine eigene Prüfung des Beihilfecharakters der streitigen Ma?nahme durchführen müssen.
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Judgments
BVerwG, Urt. v. 26.10.2016, 10 C 3/15, DE:BVerwG:2016:261016U10C3.15.0 – Magic Mountain Kletterhallen = BVerwGE 156, 199-214; EuZW 2017, 355-360
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EuG, Urt. v. 9.6.2016, T?162/13, EU:T:2016:341 – Magic Mountain Kletterhallen GmbH u. a. gegen Europ?ische Kommission
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