Die Eroberung Akkons durch die Mameluken im Jahre 1291
Beitrag von Roman Walch
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Vorgeschichte
Die befestigte Stadt Akkon stellte seit ihrer Rückeroberung im Zuge des Dritten Kreuzzuges im Jahre 1191 durch drei Kreuzfahrerheere einen wichtigen christlichen Stützpunkt im Heiligen Land dar. Diesem Triumph der ?Franken“ war damals eine Gewalttat gefolgt: Wegen Unstimmigkeiten über die Erfüllung von Kapitulationsbedingungen hatten die Eroberer ein Massaker an der Bev?lkerung verübt, das sich schmerzlich in die Erinnerung der Muslime einbrannte. Akkon blieb die wichtigste Errungenschaft des Kreuzzuges und für fast hundert Jahre eine der letzten best?ndigen Bastionen des K?nigreichs, das weitgehend nur noch dem Namen nach das Jerusalems war. Obwohl es in den folgenden Jahrzehnten erneut an Kontrolle über die heiligen St?tten und das Umland dazugewann, erwies sich diese als vorübergehend. Akkon übernahm deshalb eine führende Rolle unter den St?dten der christlichen Levante.
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In Folge der wechselnden Allianzen, die die Kreuzfahrerstaaten im Laufe der n?chsten Jahrzehnte mit den verstrittenen Mitgliedern der Ayyubiden-Dynastie, den Nachfahren Saladins, eingingen, hatte ein christliches Heer 1244 bei Gaza eine schwere Niederlage erlitten. Die erschütterten Hilferufe erreichten Europa und veranlassten den K?nig Frankreichs, Ludwig IX., sp?ter ?der Heilige“ genannt, mit einem Heer ?gypten anzugreifen. Die Kampagne scheiterte nach anf?nglichen Erfolgen und endete in der Gefangennahme und dem Freikaufen des K?nigs.
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Die islamische Welt stand in dieser Zeit vor einem Wandel: Der letzte ayyubidische Sultan ?gyptens war von Offizieren seiner Elitetruppen ermordet worden. Die sogenannten Mameluken, bereits in ihrer Kindheit versklavt, im Islam erzogen und zu Soldaten ausgebildet, hatten eine zunehmend gro?e Rolle im Kampf gegen die Christen und in der Herrschaftssicherung der Sultane gespielt. Sie waren es vor allen anderen gewesen, die Ludwigs Kreuzzug zerschlagen hatten. Jetzt griffen sie nach der Macht – verschiedene Fraktionen wandten sich gegeneinander. Aus den folgenden K?mpfen um die Vorherrschaft ging Qutuz hervor, der den Mongoleneinfall von 1258 zwei Jahre sp?ter durch eine Schlacht beendete und dem Sultanat deren Eroberungen in Syrien einverleibte. Durch die Bedrohung der Mongolen abgelenkt, hatten die Kreuzfahrerstaaten nicht versucht, die Nachfolgerk?mpfe der Mameluken zu nutzen. Baibars, einer der Verschw?rer, die sich des Siegers Qutuz bald darauf entledigten, lie? sich nun zum Sultan ausrufen. Unter ihm schritt die Zentralisierung des Reiches voran. Die Armee wurde umstrukturiert, sodass sie bereits Züge eines stehenden Heeres annahm. Sie konnte ihre Schlagkraft in Kriegen gegen die Kreuzfahrer beweisen, die in harte Bedr?ngnis gerieten. Sie mussten sich in ihre Befestigungen zurückziehen und mitansehen, wie diese eine nach der anderen fielen. Selbst solch m?chtige Anlagen wie Krak des Chevaliers konnten nicht gehalten werden. Hierbei wurden viele geschleift und zerst?rt, ihre Besatzungen oft get?tet. Antiochia wurde durch das Niedermachen und die Versklavung seiner Einwohner fast entv?lkert. Auch die nachfolgenden Sultane lie?en nicht vom Kampf ab, sodass zuletzt nur wenige Positionen übrig blieben; zahlreiche Streitigkeiten zwischen den italienischen Handelsst?dten, den Ritterorden und Baronen hatten die Christenheit im Nahen Osten entzweit und so den Zerfall mit herbeigeführt.
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Den direkten Anlass für den gro?en Feldzug der Mameluken wider Akkon gab offenbar die Ermordung muslimischer H?ndler in der Stadt durch Neuank?mmlinge, wohl aus Italien. Wie schon zu früheren Zeiten zeigten sie ein Unverst?ndnis für die Situation im Heiligen Land und waren über die Anwesenheit der verhassten Ungl?ubigen, die zu bek?mpfen sie so weit gereist waren, erbost. Der Sultan Kalawun sah in diesem Zwischenfall den Bruch des Waffenstillstandes, den er mit Heinrich II., dem K?nig der ?berreste des Reiches, geschlossen hatte, und richtete sein Auge auf die Hafenfestung. Obwohl er selbst vor dem Angriff auf die Stadt verstarb, behielt sein Sohn Malek al-Ashraf Salaheddin Kalil das gezogene Schwert in der Hand und sammelte seine Truppen.
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Die Belagerung
Dass Akkon so lange ein Bollwerk und Brückenkopf geblieben war, hatte seine Gründe: Zur Landseite hin wurde die Stadt durch zwei beeindruckende Mauerzüge geschützt, die mit mehreren gro?en und kleinen Türmen bewehrt waren. Um diese zu erreichen, mussten zuerst zwei Gr?ben überwunden werden.
Alle verfügbaren Truppen hatten sich nun hinter diesem Schutz versammelt. Der bald darauf eingetroffene Sultan hatte nicht genügend Schiffe, um die Seehoheit zu erringen und vom Meere aus gegen die Stadt vorzurücken. So war auch die Nahrungs- und Nachschubzufuhr der Verteidiger sichergestellt. Dennoch standen die Chancen schlecht. Die mamelukische ?bermacht war zu erdrückend. Selbst die Ankunft K?nig Heinrichs und einiger seiner Ritter vermochte nichts mehr auszurichten. Unaufhaltsam wurden Gr?ben aufgeschüttet und die Mauern und Türme unterminiert. Die Muslime hatten zudem ein gewaltiges Aufgebot an Belagerungsger?ten zur Verfügung. Vergebliche Ausf?lle der Verteidiger und Bombardements durch Wurfmaschinen von christlichen Schiffen geboten dem Vordringen keinen Einhalt. Der Einbruch der Angreifer in die innere Stadtmauer gelang schlie?lich passenderweise am sogenannten Verfluchten Turm, der diesen Namen bereits trug. K?nig Heinrich, einige seiner Mannen, weitere Führer und einige der reichen Bürger Akkons flohen in wildem Chaos per Schiff vor der Aussichtslosigkeit der Lage. Viele dieser Wenigen retteten sich ins K?nigreich Zypern. Die hereinbrechende Flut an muslimischen Kriegern begann bald mit der Plünderung. Zuletzt hielt nur noch die Burg der Templer stand, in die sich einige ?berlebende zurückgezogen hatten.
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Wie traumatisch die Einnahme Akkons und die Ermordung der Bev?lkerung durch den Dritten Kreuzzug gewesen waren, verdeutlichen zwei arabische Quellen zu den Ereignissen im Jahre 1291: Sowohl Abu 'l-Fidā, der an der Belagerung teilgenommen hatte, wie auch Abu 'l-Ma?āsin, ein sp?terer Historiker, rühmen die Voraussicht Gottes, der den Durchbruch der Mauer am selben Jahrestag habe gelingen lassen, an dem die Stadt ein Jahrhundert zuvor von den Kreuzrittern genommen worden war. ?ber den Wahrheitsgehalt dieser Aussage l?sst sich streiten. Letzterer berichtet von den folgenden K?mpfen au?erdem, dass auch der als Bruch der ?bergabevereinbarungen empfundene Mord an der Bev?lkerung durch den Dritten Kreuzzug an diesem Tag angemessen ger?cht worden sei: W?hrend die letzten Ritter sich verzweifelt in einigen Türmen gewehrt h?tten, sei ihnen vom Sultan freies Geleit zugesichert worden. Sobald sie die Sicherheit ihrer Mauern verlassen hatten, seien sie get?tet worden:
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?Der Sultan gew?hrte den Franken Sicherheit und lie? sie dann umbringen, wie es die Franken mit den Muslimen getan hatten; so r?chte sich Gott der Erhabene an ihren Nachkommen.“ ('l-Ma?āsin: an-Nu?ūm az-zāhira fī mulūk Mi?r wa-'l-Qāhira/?Die funkelnden Sterne, über die K?nige ?gyptens und Kairos“, in: Gabrieli 1973, S.413.)
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Die Templerburg wurde schlie?lich ebenfalls durch Unterminierung gebrochen und ihre Besatzung get?tet. Manchen Quellen zufolge sei die ganze Feste über Rittern und Mameluken zusammengebrochen und h?tte sie unter sich begraben. So wurde die Belagerung beendet. Akkon war für die Christenheit verloren.
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Folgen
Nachdem die Stadt in die H?nde der Mameluken gefallen war, zerst?rten diese sie sehr gründlich. ?hnlich erging es den Befestigungen der anderen St?dte an der Levante. So sollte verhindert werden, dass sich jemals wieder Invasoren über die Küste im Heiligen Land festsetzen konnten. Tripolis war bereits zuvor erobert worden. Die verbleibenden St?dte wurden nach wenigen oder ganz ohne Verteidigungsversuche bald übergeben. Nie wieder sollten sich derartige christliche Herrschaften im Outremer etablieren. Die Tempelritter verloren so ihren Handlungsraum, die Johanniter zogen sich nach Rhodos zurück und die Deutschritter richteten ihre Waffen auf die heidnischen Litauer. Die ?ra der Kreuzzüge im Heiligen Land war beendet.
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Quellen
- Abu?'l-Fidā, in: Gabrieli, Francesco: Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, aus dem ital. übers. v. Barbara von Kaltenborn-Stachau/Lutz Richter-Bernburg, Zürich/München 1973, S.407-410.
- Abu 'l-Ma?āsin, in: ebd., S.410-414.
- Abū 'l-Ma_hasin 'Ibn T?agri Bardi Annales quibus titulus est an-Nu?ūm az-zāhira fī mulūk Mi?r wa-'l-Qāhira, hg. v. Theodoor Juynboll/Benjamin Matthes, Leiden 1852-1861 ( http://menadoc.bibliothek.uni-halle.de/ssg/content/titleinfo/538777, zuletzt aufgerufen am 23.02.2018).
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Literatur
- Barber, Malcolm: Die Templer. Geschichte und Mythos, übers. v. Harald Ehrhardt,?2Düsseldorf 2006.
- Bartlett, Wayne: The Last Crusade. The Seventh Crusade and the Final Battle for the Holy Land, Chalford 2007.
- Brandes, J?rg-Dieter: Die Mameluken. Aufstieg und Fall einer Sklavendespotie, Sigmaringen 1996.
- Favreau-Lilie, Marie-Luise: The military orders and the escape of the Christian population from the Holy Land in 1291, in: Journal of 威尼斯赌博游戏_威尼斯赌博app-【官网】ieval History 19 (1993), S.201-227.
- Leopold, Antony: How to Recover the Holy Land. The Crusade Proposals of the Late Thirteenth and Early Fourteenth Centuries, Aldershot 2000.
- Stickel, Erwin: Der Fall von Akkon. Untersuchungen zum Abklingen des Kreuzzugsgedankens am Ende des 13. Jahrhunderts (Geist und Werk der Zeiten Bd. 45), Frankfurt a. M. 1975.